Es ist flirrend heiß, und es ist ein träger, langsamer, alles zerstäubender Sommer.
Ganz weich legt sich das Seewasser um meine braungebrannten Kinderarme. Am Ufer zeugen die ins Blaue oszillierenden Rufe der älteren Kinder und das leise Gemurmel der jüngeren beim Sandburgenbauen von den beginnenden Sommerferien, vom Glück des Hier-Seins am Ufer dieses Sees mit dem samtweichen Wasser mitten in der Pfalz.
Meine Mutter und ich schwimmen ruhig, mit langen Bewegungen, weit hinaus, aber die Ufer bleiben uns. Wir sind uns nicht immer in allem einig in unseren Leben, auch später nicht, aber in diesen Momenten haben wir einen ähnlichen Rhythmus, das gleiche Bedürfnis, wir fühlen das Wasser, wie es uns erkennt, als Objekte, denen es ausweichen muss, oder darf, vielleicht wird es gerne weggeschoben, bewegt, in Aufruhr versetzt. Es riecht frisch wie eine gerade geöffnete Wassermelone und ist tausendmal türkis.
Und immer kommen meine Mutter und ich an diesen Punkt, wo wir noch weiter hinausschwimmen möchten, es aber nicht tun, denn um uns kämpfen viele kleine Lebewesen einen schrecklichen Kampf: Marienkäfer treiben auf dem Wasser, die Oberflächenspannung hält sie in einer Schwebe zwischen nicht sofort ertrinken, aber auch nicht wegfliegen können, sie sind festgefroren in ihren hilflosen Bewegungen an diesem heißen Sommertag auf dem See.
Deshalb sammeln wir die, die noch leben, mit unseren Körpern ein, setzen sie uns auf den Teil der Arme, der sich außerhalb des Wassers befindet. Die Marienkäfer sind erschöpft und halten inne. Nur an den fast unmerklichen Regungen ihrer Beinchen erkenne ich, dass sie noch leben. Wir schwimmen mit ihnen zurück zum Strand, wir sind ihre rettenden Boote, das klingt unbescheiden, aber so fühlen wir es beide. Wenn wir ankommen, setzen wir sie zum Trocknen auf die Uferpflanzen und hoffen, dass ihnen dieses Missgeschick nicht erneut geschieht.
Wir legen uns ebenfalls zum Trocknen auf die Seegrasmatten, blicken auf den fließenden Saum des Wassers, riechen den alles zerstäubenden Sommer und ahnen nicht, wie viele Marienkäfer wir an diesem Tag am See nicht eingesammelt haben.